Spielplätze: Mühlenstrasse, Berlin Pankow und Vorbilder

Montag, 22. März 2021 10:16

Etwas für Kinder zu planen ist in unseren Augen die schönste und bedeutendste Bauaufgabe. In diesem Post haben wir mehrere ältere Posts zum Thema Spielen zusammengefasst. Wir beginnen mit unseren Vorbildern:

Vorbild Rheingartenbrunnen Köln:

Der Rheingartenbrunnen im Kölner Rheingarten des LandschaftsArchitekten Georg Penker, zusammen mit dem Künstler Eduardo Paolozzi ist inspiriert vom Ensemble Spanische Treppe / Fontana della Barcaccia. Die Anlage ist der räumliche Abschluss der grossen Treppe von der Plattform des Kölner Doms. Die Barkasse, die den Brunnen vor der Spanischen Treppe schmückt ist hier jedoch zerborsten. Die einzelnen Teile "schwimmen im Wasser" und die Kinder haben einen riesigen Spass von einem "Wrackteil" zum nächsten zu springen.

 

Vorbild MACHmit! Museum in Berlin Prenzlauer Berg:

Das Vorhaben stammt zwar aus der Architektur. Da der Architekt Klaus Block aber wie ein Raumarchitekt raumwirksam Raum in Raum gearbeitet hat, passt das Vorbild perfekt.

Vorbild Hohenstaufenplatz in Berlin Neukölln:

Für uns gehört dieser Spielplatz zu den besten Projekten in Berlin.  Zwei wichtige Anforderungen waren zu berücksichtigen:

a/ Der Hohenstaufenplatz war als geometrischer Schmuckplatz Bestandteil einer um 1860 vorgenommenen städtebaulichen Planung von Peter Joseph Lenné. Aus diesem Grund war eine gartendenkmalpflegerische Fachplanung durch das Büro von Frau Stella Junker aus Worms erforderlich (www.gartendenkmal.net).

b/ Der Graefekiez ist seit 1995 ein Berliner Erhaltungsgebiet, in dem sowohl der "Schutz der städtebaulichen Eigenart" als auch der "Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung" (Millieuschutz) festgesetzt worden sind.

Mein Kollege hat 1990 vor allem deshalb alles richtig gemacht, weil er den Spielplatz zum Mittelpunkt als Hauptelement des Platzes gemacht hat. Eine vollständig umlaufende Klinkermauer funktioniert zugleich als Einfassung und Sitzbank in einem hochverdichteten Kiez mit intensiver Nutzung.

Vorbild Görlitzer Park in Berlin Kreuzberg:

Es handelt sich um eine ehemalige Eisenbahn - Brache, die Ende 1980 in vielen Jahren und Bauabschnitten von der Planungsgruppe Freiraum zu einem lebendigen Volkspark umgestaltet wurde. In diesem ebenfalls hochverdichteten Stadtteil erfüllt der Park elementare Bedürfnisse. Hier trifft sich die Berliner Mischung aus Einheimischen, Zugezogenen, Lebenskünstlern, Grossfamilien, Drogendealern und vielen anderen. Mein persönlicher Favorit ist die grosse Rutsche am südöstlichen Ende. Diese erfüllt alle Anforderungen, die auch wir an ein gutes Spielangebot stellen:

  • von einzelnen aber auch von vielen Kindern gleichzeitig bespielbar

  • generationsübergreifend nutztbar

  • Herausforderung

  • aus der Logik de Umgebung (hier: die Topografie) entwickelt

Unsere wichtigste Spielplatz - Referenz ist der vom Bezirksamt Pankow beauftragte Spielplatz in der Mühlenstrasse in Berlin Pankow aus 2007:

Grundidee war der von uns erzeugte Höhenunterschied von über 2 m durch Aus- und Anhebung des vorh. Geländes mittels Winkelstützen.

Ein weiterer wichtiger Beitrag war die Idee, für den Bolzplatz einen Sponsor zu suchen. Für mich völlig überraschend hat Hertha BSC sofort zugesagt. Und so wurde aus einem einfachen Hartplatz ein sehr hochwertiger Kunstrasenplatz der neusten Generation, der von der Fa. Polytan mit gefördert worden ist. Seit der Eröffnung organisiert Hertha BSC einmal im Monat ein Training, bei dem Spieler der höheren Jugendmannschaften mit den Kids aus dem Kiez gemeinsam kicken. Hierdurch wurde erreicht, dass das Sponsoring durch den persönlichen Einsatz abgesichert wird und Hertha BSC sich als identifikationsstiftender Verein vor Ort in den Kiezen verankert.

 

Aktuell planen wir unsere Spielplätze überwiegend für Bauträger und / oder Generalunternehmer. Hierbei kooperieren wir häufig mit der Fa. Hammer SMH aus Kloster Lehnin in Brandenburg. Diese Fa vertritt mehrere grosse Anbieter von Spielgeräten, berät bei der Planung und montiert selbst.

Kinder- und Jungendinteressen:

Die Broschüre: "Kinder- und Jugendinteressen in der räumlichen Planung - Spielleitplanung für Berlin" ist eine interessante Veröffentlichung zum Thema. Die steigende Zahl älterer Menschen bei gleichzeitiger sinkender Zahl jüngerer Menschen veranlasst die Städte darüber nachzudenken, wie man die Lebensqualität steigern kann, um Familien in Städten zu halten oder ggf. wieder für Städte zu gewinnen. Die "Spielleitplanung" ist ein Leitfaden für eine nachhaltige und umweltgerechte Entwicklungsplanung, die sich vor allem an den Bedürfnissen und Sichtweisen von Kindern und Jugendlichen orientiert.

In Berlin Pankow wurde ein Modellprojekt initiiert, bei dem die "Spielleitplanung" als Instrument kind- und jugendgerechter Planung umgesetzt wurde. Ziel war es, durch verschiedene Methoden wie schriftliche Befragungen und Interviews, die gewonnen Erkenntnisse aufzuarbeiten und für ganz Berlin nutzbar zu machen (www.spielleitplanung-berlin.de).

Für ums war interessant, dass sich die Altersgruppe zwischen 9 und 13 Jahren eindeutig die Verbesserung ihrer Umgebung sowie mehr Spiel-, Erlebnis-, und Aufenthaltsflächen als Forderung benennen konnte.

Bei Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren stehen zwar Kinos und Cafés an erster Stelle, aber auch hier werden mehr Freiräume, Plätze zum Skaten, Sportanlagen sowie saubere Parkanlagen / Seen und Spielplätze gefordert.

Mit diesem eindeutigen Votum werden wir unserem(r) Beruf(ung) wohl noch ein paar Jahre nachgehen können.

 

Noch ein paar Gedanken zur Sicherheit:

Der Bau von Kinderspielplätzen ist seit 1997 durch europäische Vorschriften (DIN EN 1176 und DIN EN 1177) geregelt. Beide Normen bestimmen z. B. die unfallvermeidende Konstruktion von Spielgeräten oder legen kritische Fallhöhen für verschiedene Spielplatzbeläge fest.

Bei der Planung des Spielplatzes Mühlenstrasse in Berlin Pankow (Winkelstützen) waren wir genau mit diesen Fragestellungen konfrontiert.

Zwischenzeitlich gibt es kritische Stimmen, die zu viel Sicherheit für übertrieben halten. Sicherheitsmassnahmen können das Unfallrisiko sogar steigern (lesenswert: Das Wagnis Leben).

Der Wissenschaftler David Ball von der Middlesex Universität London erklärt dies mit fehlenden Möglichkeiten für das Erkennen von Gefahren, infolge von Überschätzung in einer irrealen Umwelt.

Spielen ist ein wirkungsvoller Lernprozess, zu dem selbstverständlich auch Risiken gehören. Kinder brauchen Wagnisse, um Gefahren einschätzen zu können. Die Kinder davor auszuschliessen, könnte anstelle der physischen Verletzungen zu psychischen Problemen wie Angststörung führen, wodurch eine altersgerechte Entwicklung gehemmt werden kann.

Durch Spielen lernen Kinder Situationen kennen, in denen Entscheidungen getroffen und Lösungen gefunden werden müssen. Hierdurch gesammelte Erfahrungen führen zu Erkenntnissen, die das Selbstbewusstsein stimulieren. Daher sollten Kinderspielplätze möglichst nah an der Realität gestaltet werden, um das natürliche Bedürfnis für Forschen und Entdecken und damit den Gewinn eigener Erkenntnisse zu fördern.

Darüber hinaus bleiben viele Sicherheitsmassnahmen unproduktiv, weil Kinder dann eher dazu neigen die Gefahrendosis zu erhöhen. Forschungen aus Trondheim (Norwegen) haben ergeben, dass das Auflösen von Botenstoffe hierfür eine Ursache ist. Dieser Prozess sorgt dafür, dass die Herausforderung eine stärkere Triebfeder als das Sicherheitsdenken ist.