Iran, Shiraz: Derak, ein Freizeit Gross - Projekt

Montag, 19. Juni 2017 21:12

Im April 2017 habe ich meinen Freund und Kollegen Dr. Barsin im Iran besucht. Er ist gegenwärtig nicht nur Lehrkörper an der Architektur - Fakultät der Universität in Shiraz, sondern er betreut auch als berufener Experte der Stadtverwaltung Shiraz ein aussergewöhnliches Freizeit - Grossprojekt.

Der Derak Montain Park liegt westlich von Shiraz (ca. 700 km südlich von Teheran) und ist in vielerlei Hinsicht besonders.

Idee

Auslöser für die Konzeption war die Absicht der Stadtverwaltung von Shiraz in einer für das Stadtklima bedeutenden Kaltluftschneise Flächen vor Immobilienspekulation zu sichern.

Um für diese Absicht auch eine politische und gesellschaftliche Akzeptanz zu erhalten, sollten die Flächen nicht nur gesichert, sondern auch mit planerischen Inhalten besetzt werden.

Shiraz liegt auf ca. 1.500 m Seehöhe in einem Hochtal des Zagros - Gebirges. Die Stadt hat ca. 1,5 Millionen Einwohner und ist aufgrund seines kulturellen Erbes mit zahlreichen historischen Gartenanlagen ausgestattet, die auch intensiv für die Naherholung genutzt werden. Der Derak Mountain Park sollte diesen Aspekt um eine Naherholung ausserhalb des bebauten Bereichs in einer Höhenlage zw. ca. 1.500 und ca. 2.200 Höhenmetern an den Nordhängen des ca. 2.900 m hohen Derak Massivs ergänzen. Freizeitgestaltung in einer Gebirgsregion ist für iranische Verhältnisse ungewöhnlich aber wegen des kühleren Klimas und dem natürlichen Vorkommen von Wasser hoch atraktiv.

Grösse

Die Dimensionen sind gigantisch. Es gibt drei Realisierungsphasen. Alleine die erste Phase umfasst eine Fläche von ca. 380 ha. Die weitere Phasen sind noch erheblich grösser.

Nur zum Vergleich: Die aktuelle Internationale Gartenausstellung in Berlin Marzahn hat ca. 100 ha.

 

Realisierung

Gegenwärtig wird die erste Phase realisiert. Es handelt sich im wesentlichen um ein System von Bergstrassen. In regelmässigen Abständen wurden - vergleichbar mit Bergdörfern - Sekundärarchitekturen (angelehnt an traditionelle Hütten aus unterschiedlichen persischen Regionen) angeordnet, in denen sich Gruppen bis ca. 20 Personen aufhalten können.

Ein wesentlicher Aspekt dieses Projekts ist die parallele, grossflächige Aufforstung mit Hilfe eine ausgeklügelten Bewässerungssystems. Die Wasserspeicher liegen nämlich immer am höchsten Punkt, wodurch das Wasser ohne weitere Energiezufuhr grossflächig verteilt werden kann.

Parallel dazu wurde auch weiterer Wasserkreislauf installiert, um das Projekt aus iranischer Sichtweise gestalterisch aufzuwerten. Hierzu wird Wasser bis zum höchsten Punkt gepumpt, um dann über ein künstliches System von Bergbächen, Wasserfällen und Wasserspeichern wieder zur Pumpstation zu fliessen. Das kann mitunter dann auch sehr künstlich werden. Der Wasserfall wurde als Felsnachbildung aus glasfaserverstärktem Kunststoff gestaltet.

 

Nutzung

Im Rahmen des iranischen Neujahrsfestes am 20. März gab es für einen Tag den ersten Probelauf mit Besuchern. Der Erfolg dürfte selbst die Parkverwaltung überrascht haben. Jede Hütte war mit einer Grossfamilie besetzt. Es wurde geredet, gelacht, gesungen und natürlich auch typisch iranisch gegrillt. Das hatte mitunter den Charakter eines Volksfestes.


 Die Fragen, die sich mir als erstes stellten waren die folgenden:

+ Kann man so etwas  in einer hochalpinen Zone überhaupt machen?

Mit europäischen Wertmassstäben betrachtet, stellt ein solches Vorhaben einen massiven Eingriff in alle Natur - Schutzgüter dar. Gleichzeitig findet ein enormer Ausgleich in Form der Wiederaufforstung statt. Mit der Perspektive von ca. 20 Jahren kann eine intakte Vegetation erhebliche positive Auswirkungen  auf die Natur - Schutzgüter haben.

 + Gibt es global betrachtet Unterschiede in Kultur und Bautechniken in hochalpinen Zonen?

Aus meiner Sicht gleichen sich  Kulturen deren Bautechniken umso mehr an, je höher diese in hochalpine Zonen vorstossen, weil sich die Bedingungen immer mehr ähneln.

 + Kann und soll es Standards geben für das Bauen in hochalpinen Zonen?


Ich denke, dass sich relativ leicht folgende Leitbilder für das Bauen in hochalpinen Zonen formulieren lassen:

 Materialien

+ regionale Materialien mit einem relativ geringen Bearbeutungsgrad

+ im Umkehrschluss weitgehender Verzicht auf keine naturfremden Werkstoffe

 Bauweise

+ labile Bauweise als Regel statt stabiler Bauweisen (z. B. Schwergewichtsmauern oder Gabionen)

+ stabile Bauweise (zementgebundene Bauweisen) nur in Ausnahmefällen

Erschliessung

+ gemeinsame Nutzung von Verkehrsflächen für alle Nutzer (im Sinne von shared space)

 Bepflanzung

+ einheimische Pflanzen

+ kleine Pflanzgrössen (Qualität Forstware)