Island: Architektur und Pragmatismus
Freitag, 15. Juli 2016 00:00
Mit Island habe ich mir im Sommer 2016 einen lang ersehnten Traum erfüllt. Da wollte ich schon immer mal hin.
Die erste Überraschung - und das sollte mir als Planer nicht passieren - war die Grösse. Trotz Plan mit korrektem Massstab erscheinen die tatsächlich zu überbrückenden Distanzen viel grösser. Das liegt vor allem daran, dass die landschaftlichen Strukturen und Formationen riesig sind. Zudem ist Island ausserhalb der Hauptstadt Reykjavik extrem dünn besiedelt. Das Auge hat nur gelegentlich die Möglichkeit die Landschaft mit bekannten Objekten abzugleichen.
Der zweite wesentliche Eindruck ist der Pragmatismus der Menschen. Das habe ich so noch nicht in Europa erlebt. Pragmatismus ist bei mir positiv besetzt. In Island habe ich erlebt, dass Pragmatismus - auf die Spitze getrieben - auch eine negative Seite haben kann. Den Umgang mit Architektur habe ich oft als lieblos und uninspiriert wahrgenommen. Die Häuser vergammeln, Freiraumgestaltung (siehe Foto Vorgartengestaltung) hat keine Relevanz.
Warum das so ist, kann ich mir nur dadurch erklären, dass die Siedlungsgeschichte jung, die Ausbeutung durch die dänische / norwegische Schutzmacht (von 1552 bis 1904) gewaltig und die Lebensbedingungen durch die Lage am nördlichen Polarkreis extrem sind.
Zum Glück habe ich in Reykjavik eine ehemalige Mitarbeiterin getroffen. Die Architektin Margret Leifsdóttir hat mir dann gezeigt, dass es auch andres geht. Sie selbst lebt in einem Architektur - Juwel, dass von Ihrem Grossvater Gísli Halldórsson quasi als Pionierleistung realisiert worden ist. Sie ist der Meinung, dass die Architektur im Gegensatz zu den anderen Nordischen Staaten noch keine vergleichbare gesellschaftliche Relevanz hat. Sie selbst agiert quasi als Entwicklungshelferin mit missionarischem Eifer.
Mir haben besonders gut die Ferienhäuser in Arnarstapi und das Freibad in Reykjavik (die runde Mauer symbolisiert die geologischen Schichten) gefallen. Ein absolut magischer Ort ist der Brunnen auf dem letzten Bild am äussersten westlichen Zipfel von Reykjavik. In den Brunnen wird heisses Wasser geleitet, der Rand dient als Sitzfläche, und man kann mit den gewärmten Füssen im Wasser auch bei kühlem Wind vortrefflich miteinander reden.
Pragmatisch, schlicht, genial.