Architektur und Wein

Mittwoch, 17. April 2024 20:46

Unsere Geschäftspartner wissen, dass wir Wein - Enthusiasten sind und erhalten jedes Jahr zu Ostern eine vorher unter Konkurrenz verkostete Flasche Wein aus der Region Baden. Aus diesem Grund ist der folgende Post unvermeidlich:

Die Geschichte des modernen Weins beginnt 1976 in Paris. Weinkritiker bewerteten Bordeaux Wein im Vergleich zu kalifornischem Wein erstmals als weniger schmackhaft. Daraufhin wird eine neue Ära eingeläutet, in welcher der Weingenuss jenseits von Gourmet - Kreisen populär wird und Winzer in aller Welt einen Modernisierungsprozess einleiten. In diesem Zusammenhang entwickelt sich auch die Idee des Weintourismus. Man will den Wein nicht mehr nur trinken, sondern auch sehen wo er wächst, wie er gekeltert wird, wo er lagert, wer dafür verantwortlich ist und welche „Hülle“ das alles umgibt.

Folgerichtig haben sich viele junge Winzer von alten Architekturzöpfen befreit und zeitgenössisch bauen lassen. Meistens handelt es sich dabei um anspruchsvolle Bauaufgaben, da viele Weingehöfte mitten in der Landschaft stehen, was aus baurechtlicher Sicht bedeutet, dass bestehende Kubaturen meistens nicht wesentlich verändert werden dürfen. Darüber hinaus muss eine Balance gefunden werden zwischen der Einbindung in die Landschaft - oft noch mit dem Erschwernis einer Hanglage - und der Repräsentation für potentielle Kunden, die Ihren Wein direkt vom Hof kaufen wollen.

Ein Vorhaben, welches diesen Anforderungen in besonderer Weise gerecht wird, ist der Neubau des Weinguts Dominus im kalifornischen Nappa Valley der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron. Der Bau fügt sich perfekt in die Landschaft. Das Resultat ist ein massiver, jedoch gleichzeitig filigraner Bau mit großen Glasfronten zum Weinberg hin. Für die Aussenwände setzten die Schweizer Steinkörbe ein, die mit Basaltsteinen aus dem nahe gelegenen American Canyon gefüllt wurden. Es entstand eine für Herzog & de Meuron typische halbtransparente Fassade, die zum einen Licht durchlässt und zum anderen für ein ausgewogenes Klima im Gebäude sorgt. Eine Innovation, die 2001 mit dem renommierten Pritzker Architekturpreis honoriert wurde.

Den deutschen BDA - Architekturpreis 2006 erhielten die Architekten Hofmann Keicher Ring aus Würzburg. Die Familie Knoll, vom Würzburger Weingut Am Stein wollte, dass sich ihr Image als junges, modernes und schnörkelloses Unternehmen im Gebäude widerspiegeln solle. Wenn man so will, ist das Gebäude eine bildliche Darstellung der Knoll - Weine. Einen interessanten Artikel zum Thema finden Sie hier.

Im gleichen Jahr wurde der Neubau des Weinguts Gantenbein in Fläsch, Schweiz durch die Architekten Gramazio & Kohler, Zürich mit Bearth & Deplazes, Chur realisiert.

Hier gibt es neben dem visuellen Statement auch praktische Verbesserungen für den Produktionsprozess, indem alles so angeordnet ist, dass die Vinifikation ohne Pumpen und ausschliesslich mit Schwerkraft funktioniert.

Zitat der Architekten: „Für die Verarbeitung der Trauben zu Wein sind gedämpftes Licht und konstante Temperaturen nötig. Mit der Gestaltung der Aussenwände erfüllten wir diese spezifischen Bedingungen unter Anwendung einer von uns an der ETH Zürich entwickelten neuartigen Bautechnologie. Ein Industrieroboter legt jeden einzelnen Backstein präzise nach vorprogrammierten Patterns ab. Durch die Drehungen der Steine und die Öffnungen dazwischen entsteht im Mauerverbund das abstrakte, dreidimensional wirkende Bild grosser Traubenbeeren.“

Im Netz kann man diesen Trend gut verfolgen, der aus meiner Sicht aber auch zu Auswüchsen geführt hat, die ich kritisch sehe. Architektur - Ikonen für Museen oder Konzerthäuser in urbanen Zentren kann ich - wenn auch nicht immer - nachvollziehen. Ikonen für Weingüter mitten in die Landschaft und ohne Bezug zur Umgebung zu setzen halte ich nicht für angemessen.

Drei Beispiele sind:

+ Weingut Antinori von Archea Associati, Marco Casamonti

+ Bodegas Ysios von Santiago Calatrava

+ Bodegas Irius von Marino Pascual y Asociados