Italien, Expo Mailand: Kirmes und Juwelen

Mittwoch, 10. Juni 2015 00:00

Da ich das Planungsgeschäft schon ein paar Jahre betreibe, spüre ich deutlich, dass es bei Fachreisen immer schwerer wird, zu einer grösseren Anzahl an Erkenntnissen zu gelangen. Mittlerweile kann ich mich bereits über einen einzigen, inspirierenden Gedanken freuen.

Ein schönes Beispiel hierfür ist die Expo 2015 in Mailand. Die Vielfalt der Eindrücke ist gewaltig. Die Teilnehmer - Länder überbieten sich gegenseitig mit Pavillons ganz im Sinne des Mottos heutiger Olympischer Spiele "citius, altius, fortius (schneller, höher, stärker).

Hier müsste es allerdings heissen: spektakulärer, bunter, lauter. Die akustische Beschallung habe ich als Zumutung empfunden. Eine grandiose Ausnahme ist der Pavillon von Bahrain.

Von dem Golfstaat habe ich zwar keine sehr hohe Meinung (Die Widersprüche zw. moralischem Anspruch und tatsächlichem Leben sind mir zu gross, nachdem ich in einer Bar halbnackte russische Prostituierte vor den Scheichs habe tanzen sehen). Aber hinsichtlich der Expo hat Bahrain alles richtig gemacht:

+ Auslobung eines internationalen Wettbewerbs

+ Vorgabe einer modularen Bauweise (der Pavillon musste demontierbar sein, um ihn nach der Expo wieder in Bahrein aufzubauen)

+ moderne Interpretation von traditioneller Architektur und Kultur

Der niederländische Architekt Anne Holtrop (sehr starke Website, hier sind noch interessante Bilder der Montage zu sehen) hat sich im Wettbewerbs durchgesetzt und ein aus meiner Sicht fantastisches Konzept mit viel Fingerspitzengefühl entwickelt.

Der Aufenthalt im Pavillon war auch bei grosser Hitze mehr als angenehm. Ich habe mich tatsächlich wie in einer anderen Welt gefühlt.

Wenn diese Fingerspitzengefühl fehlt, dann führt das zu Pavillons wie denen von Quatar oder Oman. Dabei sollte man das Motto der Expo "Feeding the Planet - Energy for Life" im Hinterkopf haben.

Rotzfrech ist der Pavillon der Niederlande. Die Grosse Kirmes im Umfeld hat die Macher zu einem Zirkus mit Zelt und Wohnwagen inspiriert. Grosse Klasse!

Sehr gut hat mir der Raum im 01. OG des Pavillons von Estland gefallen. Ebenfalls ein Versuch sich vom lauten drumherum abzugrenzen. Hier steht nichts anderes als ein Piano der Marke Estonia. Wenn sich keiner traut wird es automatische bespielt. Wenn sich ein Gast heran setzt und spielt, gibt es sofort Publikum und entsteht eine Interaktion.